Historisches: Gestern & Heute

Bänkelsänger und Uhrensammler

"Attehäuser Phillipp"
"Attehäuser Phillipp"


Der „Attehäuser Philipp“, am 26. April 1894 als Philipp Marx geboren, gehörte zu den wenigen Originalen, die weit über die Grenzen des Kreises bekannt waren.

Als Sohn eines Schusters und Musikers liebte er das Wanderleben, die Freiheit und das weite Land. Wie ein Handwerksbursche wanderte er von Ort zu Ort, arbeitete bei den Landwirten und hackte Holz. Häufig bekam er hier auch ein Essen und durfte in der Scheune oder im Stall übernachten. Mancher Landwirt war sich zunächst nicht darüber im Klaren, welch schier unglaubliche Nahrungsmengen unser „Philipp“ verdrücken konnte. Er war jedoch nicht verwöhnt und aß alles, was auf den Tisch kam.

Seit seiner Schulentlassung um die Jahrhundertwende ging der Philipp in die Dörfer singen. Er tat es schlecht und recht mit einer einzigartigen, fast unnachahmlichen Stimme und die Alten lächelten weise, wenn die Kinder hinter dem einfältigen und gutmütigen Menschen herliefen – hatten sie es doch einst genauso gemacht. Seit Jahrzehnten erschien an Ostern, Pfingsten und vor Weihnachten der Philipp, um sich den „Tribut“ abzuholen für seinen „erhebenden“ Gesang im Jahreslauf. In unserer Heimat dürfte es wohl niemanden geben, der nicht irgendein persönliches Erlebnis mit dem Holzphilipp von Attenhausen verbindet. Der fahrende Sänger liebte es, in fröhlicher Runde seinen einmaligen Liedschatz vorzutragen. Hierbei mischte er Schlager und Kirchenlieder textlich und melodisch derart durcheinander, dass bei seinen Auftritten kein Auge trocken blieb. Zur allgemeinen Erheiterung sang er zum Beispiel: „ Wer hat denn den Käse zum Bahnhof gerollt?“ und im Anschluss: “Näher mein Gott zu Dir.“

Unser „Philipp“ hatte eine ganz besondere Vorliebe für alte Uhren, die er gar nicht lesen konnte, aber er freute sich ganz besonders über ihr Ticken. Seine gesammelten Werke stammten aus dem Einrich, Hunsrück und Westerwald. Die Wohnung glich einem Uhrenmuseum, das er ängstlich und misstrauisch selbst vor dem Anschauen anderer Leute hütete.


In einem ganz besonderen Rahmen hatte der „Philipp“ im Jahre 1954 seinen 60. Geburtstag gefeiert. Die „Festlichkeiten“ begannen bereits eine Woche zuvor. Der Philipp hatte schon lange in seinem „Territorium“ Eier, Fett und Mehl zu Kuchenbacken gesammelt und Gäste von überall her eingeladen. Welch eine Freude war damals bei Philipp in seinem kleinen Häuschen eingezogen! Am nächsten Tag aber trieb es ihn schon wieder von daheim fort. „Die Leute freuen sich immer, wenn ich komme“, meinte er stolz, “und ich verdiene mir mein Geld selbst!“ In jeder Gemeinde hatte er seine Vertrauenspersonen, von denen er sich seine Barschaft zählen ließ. Vom musikalischen Wirken des „Letzten Bänkelsängers“ sind zum Glück noch Tonbandaufzeichnungen für die Nachwelt erhalten geblieben.

Unser „Philipp“ durchstreifte seine Heimat kreuz und quer auf Schusters Rappen und lebte so vom Wohlwollen der Dorfleute ein abwechslungsreiches Leben bis er am 1. Mai 1961 verstarb.

Quelle: Festschrift 850 Jahre Attenhausen 1142 - 1992

Quelle: Artikel von Horst Schaefer aus der Rhein-Lahn-Zeitung 1996 nach den Erzählungen des Wasenbacher Schullehrers Manfred Hofmann.

Friedhofskapelle

Luftbilder

Dreschscheune

Hof mit Dreschmaschine bei Familie Paul

Reusch Haus

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Ortsstrasse

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