Historisches: Gestern & Heute
Bomben auf Attenhausen
Gedenkläuten zum 80. Jahrestag
Die Ortsgemeinde plant, am 25. Februar 2025 zur 80jährigen Wiederkehr des Ereignisses, mit der Rathausglocke ein 10minütiges Trauerläuten anzustimmen.
Gegen Ende des zweiten Weltkrieges lagen die Städte Deutschlands mit ihren Industrieanlagen, den Eisenbahnknotenpunkten und Brücken zumeist in Trümmern. Im Gegensatz dazu war das flache Land relativ unbeschadet davongekommen. Umso merkwürdiger erscheint uns der Bombenangriff auf ein strategisch unbedeutendes Dorf im Nassauer Land. Die Stadt Nassau selbst hatte bereits Anfang Februar, am 1. und 2. Februar des Jahres 1945, zwei schwere Angriffe erlebt und ein weiterer, noch schwererer, sollte am 19. März erfolgen. Da waren die Ziele aber eher die Infrastruktur gewesen. So war die Kettenbrücke über die Lahn und die doppelgleisige Eisenbahnstrecke zwischen Koblenz und Limburg ein interessanteres strategisches Ziel der Alliierten, um der deutschen Wehrmacht den Bewegungsraum zu nehmen. Dann am 25. Februar ein Angriff auf Attenhausen.
Man kann über die Gründe nur spekulieren, die die vier Bomber, vermutlich B-26 Marauder der 9. USAF, dazu bewegten, ihre je 1800 kg Bombenlast um 13:07 Uhr in den kleinen Ort abzuladen. Großräumige Durchgangsstraßen sind nicht vorhanden und die Flak-Geschütze der Fliegerabwehr waren in Singhofen entlang der Bäderstraße gruppiert. Auch die Vorstellung, damit den lokalen Ortsgruppenleiter der NSDAP zu treffen, kann nur spekulativ sein. Vielleicht wollte der Verband auf dem Rückflug zu seinen Feldflugplätzen in Frankreich nur die Bombenlast loswerden und traf damit einen völlig unbeteiligten Ort.
Tragisch war der zehnminütige Angriff an einem schönen Sonnentag auf das Dorf trotzdem. Zwölf tote Einwohner waren an diesem wolkenfreien Konfirmations-Sonntag nach dem nur 10-minütigen Bombenangriff zu beklagen. Zehn Personen wurden sofort in den Trümmern ihrer Häuser erschlagen, zwei weitere starben anschließend im Lazarett in Scheuern. 68 Häuser waren schwer, teils leicht beschädigt. Die meisten hatten keine Scheiben mehr, einige Dächer waren abgedeckt. Auch die alte Schule hatte der Luftdruck der Explosionen schwer mitgenommen, eine Decke im oberen Stock war eingebrochen, Fensterrahmen und -scheiben geborsten. Lehrerin Maria Hoß notierte, dass zwei ihrer Schülerinnen den Tod gefunden hatten.
Die Namen der Opfer, heute noch auf dem Krieger-Ehrenmal nachzulesen, waren:
Heinrich Hanewald sen., Karoline Hanewald, Heinrich Hanewald jun., Toni Meisner, Marlit Meisner, Wilhelmine Dillenberger, Lina Dillenberger, Hilde Dillenberger, Ruth Brundert, Amanda Bruchhäuser, Willi Bingel, Paul Boris.
Unter den Toten war auch ein französischer Kriegsgefangener im Hilfseinsatz bei Bauern. Aus den benachbarten Lagern kamen ein französischer Feldgeistlicher und weitere Soldaten, um ihrem Kameraden das letzte Geleit zu geben.
Bleibt zu hoffen, dass unser Dorf auch in bewegten Zeiten wie diesen, wo an allen Ecken der Welt Konflikte den Erdball erschüttern, nicht wieder unvermittelt mit Bomben oder Raketen angegriffen wird.
pl
Quellen: Rhein-Lahn-Zeitung vom 25./26.02.1995. Onlineprojekt Gefallenendenkmäler. Geschichtsverein Nassau, Dr. Meinhard Olbrich. Sturm am Mittelrhein, Stefan Michels. Bilder: eigene, B-26 Wikipedia
Bänkelsänger und Uhrensammler
Der „Attehäuser Philipp“, am 26. April 1894 als Philipp Marx geboren, gehörte zu den wenigen Originalen, die weit über die Grenzen des Kreises bekannt waren.
Als Sohn eines Schusters und Musikers liebte er das Wanderleben, die Freiheit und das weite Land. Wie ein Handwerksbursche wanderte er von Ort zu Ort, arbeitete bei den Landwirten und hackte Holz. Häufig bekam er hier auch ein Essen und durfte in der Scheune oder im Stall übernachten. Mancher Landwirt war sich zunächst nicht darüber im Klaren, welch schier unglaubliche Nahrungsmengen unser „Philipp“ verdrücken konnte. Er war jedoch nicht verwöhnt und aß alles, was auf den Tisch kam.
Seit seiner Schulentlassung um die Jahrhundertwende ging der Philipp in die Dörfer singen. Er tat es schlecht und recht mit einer einzigartigen, fast unnachahmlichen Stimme und die Alten lächelten weise, wenn die Kinder hinter dem einfältigen und gutmütigen Menschen herliefen – hatten sie es doch einst genauso gemacht. Seit Jahrzehnten erschien an Ostern, Pfingsten und vor Weihnachten der Philipp, um sich den „Tribut“ abzuholen für seinen „erhebenden“ Gesang im Jahreslauf. In unserer Heimat dürfte es wohl niemanden geben, der nicht irgendein persönliches Erlebnis mit dem Holzphilipp von Attenhausen verbindet. Der fahrende Sänger liebte es, in fröhlicher Runde seinen einmaligen Liedschatz vorzutragen. Hierbei mischte er Schlager und Kirchenlieder textlich und melodisch derart durcheinander, dass bei seinen Auftritten kein Auge trocken blieb. Zur allgemeinen Erheiterung sang er zum Beispiel: „ Wer hat denn den Käse zum Bahnhof gerollt?“ und im Anschluss: “Näher mein Gott zu Dir.“
Unser „Philipp“ hatte eine ganz besondere Vorliebe für alte Uhren, die er gar nicht lesen konnte, aber er freute sich ganz besonders über ihr Ticken. Seine gesammelten Werke stammten aus dem Einrich, Hunsrück und Westerwald. Die Wohnung glich einem Uhrenmuseum, das er ängstlich und misstrauisch selbst vor dem Anschauen anderer Leute hütete.
In einem ganz besonderen Rahmen hatte der „Philipp“ im Jahre 1954 seinen 60. Geburtstag gefeiert. Die „Festlichkeiten“ begannen bereits eine Woche zuvor. Der Philipp hatte schon lange in seinem „Territorium“ Eier, Fett und Mehl zu Kuchenbacken gesammelt und Gäste von überall her eingeladen. Welch eine Freude war damals bei Philipp in seinem kleinen Häuschen eingezogen! Am nächsten Tag aber trieb es ihn schon wieder von daheim fort. „Die Leute freuen sich immer, wenn ich komme“, meinte er stolz, “und ich verdiene mir mein Geld selbst!“ In jeder Gemeinde hatte er seine Vertrauenspersonen, von denen er sich seine Barschaft zählen ließ. Vom musikalischen Wirken des „Letzten Bänkelsängers“ sind zum Glück noch Tonbandaufzeichnungen für die Nachwelt erhalten geblieben.
Unser „Philipp“ durchstreifte seine Heimat kreuz und quer auf Schusters Rappen und lebte so vom Wohlwollen der Dorfleute ein abwechslungsreiches Leben bis er am 1. Mai 1961 verstarb.
Quelle: Festschrift 850 Jahre Attenhausen 1142 - 1992
Quelle: Artikel von Horst Schaefer aus der Rhein-Lahn-Zeitung 1996 nach den Erzählungen des Wasenbacher Schullehrers Manfred Hofmann.
Friedhofskapelle
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Hof mit Dreschmaschine bei Familie Paul
Reusch Haus
Ortsstrasse Haus
Ortsstrasse
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